26 Seen, 700 km Kanalsystem, 77
Schleusen….
das wollte Heinz nicht allein machen,
also setzte ich mich am 19. Juli 2008 in den Flieger, um
mich mit ihm nördlich von New York am Hudson River zu
treffen.
Von Wien ging es nach Albany mit einer
Zwischenlandung in Washington. Obwohl ich zum Umsteigen über
3 Stunden Zeit hatte, wir auch pünktlich ankamen, wurde mir
die Zeit fast zu knapp. Nach stundenlangem Anstellen beim
Imagration-, Zoll-, Security-Schalter, mit extra Röntgen für
die Schuhe, musste ich barfuss durch die Abflughalle hasten,
damit ich meinen Flug noch erwischte. Ja, ich schaffte es,
aber mein Gepäck nicht mehr. Leider wurde es auch am
nächsten Tag nicht zugestellt, sondern ich musste selbst zum
Flughafen fahren. Als ich meine Tasche sah, wusste ich
warum, sie schien in einen Reißwolf geraten zu sein, also
stritt ich mich am Schalter noch wegen einer Ersatzleistung
herum. So war der halbe Tag bereits weg, als ich endlich ein
Taxi nehmen konnte, um mich mit Heinz am Hudson River zu
treffen.
In
Troy lag unsere arme Solace mit gelegtem Mast am Steg,
aufgeriggt mit einem Besenstiel, damit wenigstens der Funk
noch funktionierte und war bereit für die Fahrt durch die
niedrigen Kanalbrücken.
Wir hatten für die
Kanäle im State New York ein 10 Tage Permit
gelöst, daher beschlossen wir, erst am nächsten Tag
loszufahren und besuchten bei drückender Hitze ein
Volksfest, das am Flussufer stattfand.
Am nächsten Morgen sahen wir der ersten Schleuse am Hudson
mit gemischten Gefühlen entgegen und waren sehr erleichtert,
als wir sahen wie komfortabel man schleusen konnte. In der
Wand waren dicke Rohre eingelassen, an denen man die Leinen
festmachen konnte und außerdem hingen dicke Kabel zum
Festhalten herab. Mit einem Wort es war ganz leicht. Aber
gleich setzte uns der Wärter einen Dämpfer auf, wir sind
hier bei einer Schleuse des US-governments, die ist
natürlich besser ausgestattet, die anderen gehören nicht
mehr der Regierung und da gibt es nur mehr die Kabel zum
Festhalten (so hatte ich es zumindest verstanden). Wir haben
uns aber unnötige Sorgen gemacht, auch die Schleusentreppe,
die uns gleich zu Beginn des Erie - Canals erwartete, war
mit Hilfe der Kabel, an denen wir uns einfach festhielten,
leicht zu meistern.
U nsere
ersten Schleusen
Der
Erie- Canal führte uns entlang des
Mohawk River in das Herz des Leatherstockings land.
Ja,
richtig geraten, wir waren auf den Spuren von Lederstrumpf
unterwegs und fuhren außerdem durch halb Europa, an
Rotterdam vorbei nach Amsterdam (wo man besonders
eigenwillig parkt), Frankfort und Rome.
Am dritten Tag überquerten wir gerade noch mit letztem Licht
den sehr seichten Oneida See. Die letzten Bojen im
Dämmerlicht auszumachen, hatten wir bereits Schwierigkeiten.
Im Brewerton am Westufer legten wir dann an einem Steg an,
zum Schwimmen war es aber wie immer schon zu spät. Am
nächsten Tag ging es weiter nach Three River, wo wir unsere
Abzweigung in den Oswego Kanal glücklicherweise leicht
fanden und nach weiteren 8 Schleusen erreichten wir bei
strömenden Gewitterregen Oswego.
Oswego findet jährlich ein großes
Jazzfestival statt und wir kamen gerade zu recht, am
nächsten Tag ging es los. Vorsichtshalber hatten wir bei der
Marina bereits telefonisch vorreserviert, da sich Heinz noch
ein Päckchen Ersatzteile nachschicken ließ, wir brauchten
daher eine Adresse. Wegen des Festivals wurden nur
Liegeplätze mit 3 Tagen Mindestdauer und erhöhten Gebühren
vergeben. Also bissen wir in den sauren Apfel und waren
dafür mitten im Geschehen, wurden mit Jazz- und Blues-
Klängen auch am Schiff verwöhnt und hatten nur ein paar
Schritte zur Fressmeile.
Wir hatten das New Yorker Kanalsystem
in 4 Tagen geschafft und obwohl ich mich über diese Hetzerei
aufregte, war ich nachher froh, als ich hörte, dass aufgrund
der schweren Gewitter und den dadurch verursachten
Überschwemmungen die Schleusen geschlossen werden mussten.
Wir nutzten die erzwungene Wartezeit dazu, unsere Vorräte
aufzufüllen und Heinz schleppte unseren Einkauf wie ein
Packesel quer durch die halbe Stadt zum Schiff. Zu meiner
Entschuldigung sei gesagt, es waren auch einige Dosen Bier
dabei, die nicht auf mein Konto gingen!
Die Ersatzteile kamen pünktlich an,
sodass wir am Sonntag, den 27.7.2008, aufbrechen konnten.
Vorher versuchte ich, noch telefonisch zu checken, wo man in
Canada am besten einklarieren könnte. Mit gelegten Masten
wollten wir nicht den Ontario See direkt überqueren, noch
dazu bei Gegenwind, also entschieden wir uns für NO, um
Kingston anzulaufen. Kingston liegt an der Mündung des St.
Lorenz Stromes im Gebiet der 1.000 Inseln. Wir legten am
Nachmittag in der Marina an und meldeten uns telefonisch
beim Zoll. Zum Glück funktionierte Heinz österreichisches
Handy, im Gegensatz zu meinem, denn sein amerikanisches
streikte in Canada. Nach einigen Sprachschwierigkeiten,
bekamen wir mit, dass wir warten sollten, die Zollbeamten
werden zu uns kommen. Nachdem uns die sehr freundlichen
Beamten in der Marina endlich gefunden hatten, waren die
Formalitäten rasch erledigt und wir bummelten durch das
nette Städtchen, das im Vergleich zu den USA schon sehr
europäisch auf uns wirkte.
Ganz begeistert war Heinz als er eine Bäckerei mit frischem
europäischem Brot fand. Am nächsten Tag fiel uns der
Abschied fast ein wenig schwer. Mit französischen
Köstlichkeiten versorgt, motorten wir – noch immer mit
gelegtem Mast und daher blutenden Herzens - durch eins der
schönsten Segelreviere Kanadas, der
Bay of Quinte wo 1976 bei der Olympiade in
Montreal die Segelwettbewerbe ausgetragen wurden.
Dienstag, den 29.7.2008 erreichten wir Trenton und den
Beginn des Trent-Severn Kanals, den wir sogleich in Angriff
nahmen. Die ersten 6 Schleusen schafften wir noch, dann war
Betriebsschluss bei den Schleusen und wir legten zum
Übernachten an. Der
Trent Severn waterway ist ein „National historic site“
und wird von der Parks Canada Agency betrieben die auch
Übernachtungsmöglichkeiten bei vielen Schleusen anbieten.
Viele Schleusenwärter verwandeln die Umgebung ihrer
Schleusen in schmucke Blumengärten, ja selbst Blumenkästen
werden an manchen Schleusentoren befestigt. Neben kleinen
handbetriebenen Schleusen und hohen Schleusentreppen gibt es
am Trent-Severn auch zwei hydraulische „Schleusenlifte“ (liftlock),
wo man samt dem Wasser 20 m über der Erde bzw. dem Kanal
„schwebt“ sowie eine
marine railway, mit der man wie in einem Trockendock
über den Berg befördert wird.
Allmählich wurde das Schleusen zur Routine und wir genossen,
die abwechslungsreiche Landschaft, durch kleine Seen, enge
Flussteile und immer auf der Suche, nach den Bojen, die uns
den Weg wiesen. Die Ufer waren meistens gesäumt von
Cottages, die von kleinen Fischerhütten bis zu riesigen
Villen variierten. Nur die Ufer der Indianerreservate sind
unverbaut. Außerdem ist der Kanal bekannt für seinen
Fischreichtum und Fischadler wie Menschen machen Jagd auf
die riesigen Fische, die in dem leicht moorigen Wasser
leben.
Alles
ging gut, auch als das Gedränge in den Schleusen zunahm, als
wir den Abschnitt um den Buckhorn Lake erreichten, in dem
auch große Hausboote vermietet werden. Dann kam die Schleuse
Nummer 38 und gerade als wir sie wieder verlassen wollte,
reagierte das Schiff nicht recht. Heinz erkannte sofort,
dass das Gasseil gerissen war, trotzdem ließ er sich nicht
davon abhalten, noch durch ein haariges Nadelöhr zu fahren.
Erst danach durfte ich ans Steuer und er ersetzte das
Gasseil durch einen Strick, den er durch die Backskiste
führte.
Das Ganze natürlich während der Fahrt,
denn wegen so einer Sache legt man nicht an. Also schlichen
wir dahin, mit geöffneter Backskiste durch die nächsten 3-4
Schleusen, auch noch hinaus auf den großen Simcoe-See bis
zur Marine Lagoon City.
Am
nächsten Tag machten wir einen Radausflug durch Lagoon City,
da wir auf das Gasseil warten mussten und nutzten auch die
Gelegenheit zum Wäschewaschen. Als am nächsten Morgen, das
Gasseil eingebaut war, fuhren wir weiter und übernachteten
im kleinen Ort Orilla.
Hier füllten wir wieder unsere Vorräte auf, sogar
Ansichtskarten gab es wieder einmal, sodass wir Grüße nach
Hause schicken konnten. Am nächsten Tag ging es weiter und
wir fieberten der Big Chute railway entgegen. Als wir
endlich gegen mittags ankamen, schüttete es gerade wieder
und die Eisenbahn stellte ihren Betrieb wegen dem schweren
Gewitter ein. Also suchten wir uns ein kleines Plätzchen zum
Anlegen, was nicht gerade leicht war, da schon eine Menge
Boote auf den Transport warteten. Als es dann endlich wieder
weiterging, beschlossen wir, die Menge fahren zu lassen, und
uns in Ruhe das Spektakel anzusehen. Dafür waren wir dann am
nächsten Morgen bei den ersten, die Huckepack genommen
wurden und meisterten dann auch die eigentliche Big chute
(Stromschnelle), wo es nicht nur sehr eng wurde, sondern
auch noch eine Kurve jede Sicht auf entgegenkommende Boote
nahm.
Knapp vor Port Severn erwischte uns
auch noch ein Hagelschauer, natürlich in einer engen Stelle,
sodass uns nichts anderes überblieb als einfach
weiterzufahren, denn an Ankern war hier nicht zu denken. Zum
Glück dauerte der Hagel nur kurz und so erreichten wir etwas
gebadet, Freitag, den 8.8., unsere letzte Schleuse, vor der
wir anlegten. Wir riefen unseren Freund in Edmonton an, der
sich hier mit uns treffen wollte, um ihm mitzuteilen, wir
seien endlich angekommen. Leider oder Gott sei Dank bekam
unser Freund erst einen Flug Sonntag früh, denn Samstag
schüttete es den ganzen Tag. Sonntags wurde dann das
Wiedersehen ausgiebig gefeiert und am nächsten Tag zeigten
wir ihm mit Auto ein wenig von der von uns gemeisterten
Strecke. Dienstag hieß es dann wieder Abschied nehmen,
nachdem wir mit dem Boot noch eine kleine Rundfahrt machten.
Trotz Karte verirrten wir uns fast, zwischen den vielen
kleinen Inselchen, da wir die Hauptstrecke verlassen hatten.
Schweren Herzens stieg er in sein Auto, um in Toronto den
Heimflug anzutreten und wir schleusten durch Nummer 45, die
engste Schleuse des Kanals, um durch die Untiefen der
Georgian Bay unseren Weg nach Midland zu suchen.
Dort in der Marina angekommen,
vereinbarten wir einen Termin für das Maststellen für den
nächsten Tag. Das war für Heinz ein Hochgefühl, als er
wieder ein Segelboot hatte. Da der Tag meiner Abreise immer
näher rückte, blieben wir in Midland und nahmen uns für 3
Tage einen Leihwagen.
Am ersten Tag fuhren wir nordwärts, da
ich auch das Gebiet der 30.000 Inseln sehen wollte, eine
Strecke um die ich Heinz wirklich beneidete. Ich konnte
Heinz sogar überreden eine kleine Schiffsrundfahrt zu
machen, bei der sich der Ausflugsdampfer durch Engen
schlängelte, die selbst für unser kleines Boot haarig
aussahen. Auch Heinz genoss die Fahrt, weil er unbeschwert
die Gegend genießen konnte. Samstag beschlossen wir die mehr
als 300 km zurück zu fahren, um uns auch die beeindruckenden
Niagarafälle nicht entgehen zu lassen.
Sonntag früh hieß es dann Abschied
nehmen, von Toronto flog ich nach vier Wochen USA/Canada
wieder nach Hause.
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